Katz- und Mausspiel am Grand Raid BCVS - enttäuschter Vierter
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Alle bisherigen Podestplätze dieser Saison hätte ich heute Morgen gegen einen Sieg am Grand Raid BCVS eingetauscht - sofort und ohne zu überlegen. Doch solche Deals funktionieren nicht im Sport und so ging es heute Morgen um 06:30 für alle bei Null los, als der Startschuss abgefeuert wurde. Das Rennen war stark und in einer noch nie vorhandenen Breite besetzt und ich wusste, dass es schwierig wird und alles zusammenpassen muss um in Grimentz auf dem Podium zu stehen, aber es war mein ganz klares Ziel! Als Favorit sah ich mich aber nicht, denn Seewald erwartete ich heute wieder in seiner eigenen Liga.
Dann ging es los und der erste Anstieg wurde durchaus dosiert gefahren, es herrschte zeitweise etwas Gegenwind und es waltete kein reissendes Interesse, vorne die Energie zu verschleudern. So war es noch immer eine grössere Gruppe die Richtung erste Abfahrt steuerte und da passierte dann erstmals etwas in diesem Rennen. Denn wir waren vier Bulls-Fahrer (Schneller, Stiebjahn, Stauffer und ich), die sich hier eine knappe Minute absetzen konnten. Gemeinsam fuhren wir weiter bis Nendaz, ehe das Feld wieder aufschliessen konnte. Es war schon kein schlechtes Gefühl in einem so grossen und stark besetzten Rennen zu viert vorne zu sein, aber auch wenn ich nicht grossartig mitführte, bin ich mir nicht sicher, ob dies ein cleverer Schachzug war. Denn das Feld schloss spielend wieder auf, während bei uns ständig ein Bullsfahrer im Wind fuhr...
Nach dem Zusammenschluss waren neben uns vieren noch Fanger, Stutzmann, Ferreira, Seewald und Stosek dabei. Es ging nun verhalten weiter, bis Seewald kurz nach Veysonnaz ein erstes Mal zuckte. Stosek direkt am Hinterrad, Ferreira und ich setzten uns umgegend leicht ab, doch es kam schon bald wieder zum Zusammenschluss. Ich merkte bereits seit dem Start, dass ich wohl solide Beine habe, aber es bisher (noch) nicht so leicht läuft wie ich es mir erträumt habe. Ich hoffte stets, dass es den Anderen ähnlich geht und versuchte mir nichts anmerken zu lassen.
Doch dann im Anstieg zum Mandelon musste ich die Karten auf den Tisch legen. Seewald zog das Tempo dermassen hoch, dass er sofort alleine war. Stosek sprang dann kurz darauf auch noch auf den Zug auf, während ich dahinter gemeinsam mit Ferreira, Fanger und Stutzmann versuchte, den Schaden in Grenzen zu halten. Ich musste mächtig beissen, doch als bei der Alphütte Stutzmann abreissen lassen musste und Ferreira bereits kurz davor, gab mir dies etwas Zuversicht und Motivation. Im Höhentrail konnten Fanger und ich die gut zwei Minuten Rückstand schon fast wieder egalisieren, nach der Abfahrt waren es in Evolène 30 Sekunden Vorsprung.
Schön und gut, doch mir war absolut bewusst, dass das Katz- und Mausspiel, die zwei Canyonfahrer berghoch überlegen, in den Abfahrten aber chancenlos (sie mussten auch nicht dank der Überlegenheit in den Anstiegen) hoch zum Pas de Lona in die nächste Runde gehen wird. Ich versuchte mich dadurch nicht verunsichern zu lassen und einfach mein eigenes Rennen zu fahren, in der Hoffnung, es einigermassen gut positioniert in die Schlussabfahrt zu schaffen. Doch es wurde für mich bereits nach Eison schon dermassen hart, dass ich Fanger gute 30 Sekunden ziehen lassen musste. Nun hatte ich nicht nur kräftemässig, sondern auch mental ein Loch.
Ich bin es mir nicht gewohnt, bei diesem Rennen um einen Podiumsplatz zu kämpfen, zudem war ich auch körperlich schon ziemlich im Elend und wusste nur zu gut, was noch auf mich wartete... Nach einigen Minuten konnte ich mich wieder fangen und aufbauen, ehe ich die Lücke zu Fanger nochmals schliessen konnte. Das Podium schien nun wieder in Reichweite, ich liebäugelte sogar noch mit einem Einbruch von Stosek und erachtete somit Rang 2 als realistisch. Doch auch diese Aussicht baute mich nicht derart auf, dass ich über mich hinauswachsen konnte in der letzten Rennstunde, wie ich es normalerweise schaffe bei diesem Rennen. Irgendwie war einfach der Wurm drin, sodass mich Fanger in der Laufpassage entscheidend distanzierte. Ich sah ihn zwar noch immer in Griffweite vor mir, doch ich schaffte es einfach nicht, mich genügend zu pushen um den Anschluss zu schaffen.
Selbst zu Beginn der Schlussabfahrt musste ich zuerst die Beine hängen lassen. Erst im Mittelteil lief es einigermassen akzeptabel, ehe ich auf den letzten drei Kilometern nochmals alles in die Waagschale warf und alles auf eine Karte setzte. Gewaltig, was da noch ging, selbst das Motorrad, dass mir den Weg hätte räumen sollen, musste kapitulieren. Ich wusste, dass vorne noch immer ein Defekt oder Sturz möglich ist und jede Sekunde zählen kann. Doch es kamen alle heil durch und es änderte sich nichts mehr. Seewald gewann zum zweiten Mal den Grand Raid BCVS mit einer beeindruckenden Zeit. Damit kann ich umgehen, doch dass ich im Ziel nur noch 55 Sekunden auf Stosek und Rang 2 verlor und dazwischen auch noch Fanger ins Ziel kam, ärgert mich schon sehr und enttäuscht mich. Enttäuscht bin ich einzig von mir alleine, denn eine Minute hätte ich heute in den Beinen gehabt, aber der Kopf schaffte es nicht, diese Reserven zu mobilisieren.
Trotzdem bin ich mit exakt sechs Stunden Rennzeit mein bisher zweitschnellstes Rennen hier gefahren.
Rangliste
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